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Montag, 21. Juni 2010

Starkzwang wieder Mode?

In der Kunst des Folterns und der Angsterzeugung davor haben die Menschen und ihre Religionen freilich lange Tradition und Übung. Dazu gehört nach wie vor die übliche Schmerz-Dressur bei der Jagdhundeausbildung. Nicht nur dort. Teletakt kommt wieder in Mode. In den USA und in Deutschland. In der Schweiz und in Österreich ist aber Starkzwang jeder Art, also auch Stachler oder "Haut-Schon-Noppen-Schüttel-Ruck-Halsband" untersagt. Warum dort und nicht überall?"Haut-Schon-Noppen-Schüttel-Ruck-Halsband"

"Haut-Schon-Noppen-Schüttel-Ruck-Halsband"

Es scheint eine Art Sakrileg samt Standesdünkel zu sein. Die "Oberländer Dressurhalsung" ist heute noch legal und frei verkäuflich, wie das Stachelhalsband (netter Alternativbegriff "Ausbildungsband") und Reizstrom-Geräte verschiedenster Namen, der bekannteste ist Teletakt. Diese Dressur-Halsung ist ein "begrenzter" (was für eine unpräzise beschönigende Definition) Würger aus Leder, mit angespitzten Nägeln im Kehlbereich. Benannt nach dem Erfinder Forstmeister Oberländer. Der Mann ist tot, sein Folterwerkzeug nicht.

Teletakt-Gerät
Die überwiegende Zahl der Jäger scheint im Alleinvertretungsrecht des Teletakts zu sein. Es ist immer noch weit verbreitet, als würden sämtliche Jägerhunde ständig in Gefahr sein, in ein Auto zu laufen, wenn es dieses Unterbrechergerät am Hals nicht gäbe. So geht die Mär als Argument pro Elektroschock. Unter den meisten Jägern mit Hunden herrschen noch Vorstellungen der Ausbildung, die selbst in der "Gebrauchshunde"-Ausbildung zum alten Eisen gehören.




Arzt Heinz Neufeind im Forum der hundezeitung: "Wenn ein Jäger seinen Hund mit Starkzwang für alle denklichen Schlüsselreiz-Situationen konditioniert hat, dann ‚funktioniert' er, beugt sich der Gewaltandrohung, bleibt aber ausserhalb der geübten Situationen und ausserhalb des physischen Zugriffsbereich des Hundeführers problematisch. Dies reicht vielen Jägern, parallel auch vielen, den schnellen Turniererfolg suchenden Schutzhundlern! Ich behaupte: Der nach Jagdreflex losstürmende und immer zuverlässig abrufbare Hund, der seine Beuteschärfe schon bewiesen hat, ist durch erhebliche negative Verstärkung dressiert. Wenn dies dem Hundeführer ausreicht, und es ist keine optimale Unterordnung vollzogen (wie sie zum Beispiel oft bei Starkzwang-dressierten Hunden vermisst wird, Teletakt terrorisiert, aber sozialverknüpft nicht), bleiben solche Hunde ein Sicherheitsrisiko. Der eindrucksvoll demonstrierbare Dressurerfolg täuscht darüber hinweg, dass der Hundeführer im Falle eines anderen überwältigenden instiktabhängigen Affektes des Hundes diesen nur über die (nicht vorhandene!) Rangordnung noch kontrollieren könnte."


Video auf einer "Jagdhunde-Ausstellung": "Der sanfte Weg - Jagdhund-Ausbildung". In der Beschreibung des Videos: "Es werden die Grundlagen im Umgang mit Teleimpulsgeräten vermittelt".

Relativ neu sind Luftdrucktakter oder Kältesprays. Auch diese werden von krankhaften Ehrgeizlingen in angeblich hundefreundlichen Sportarten wie Leistungs-Agility eingesetzt.

Die Wirkung ist ähnlich wie beim Stromstoss, und ähnlich fatal ist das Versagen und meist die Fehlverknüpfung.

Warum können die deutschen Gesetzgeber nicht dem Beispiel der schweizerischen Tierschutz-Verordnung oder Niederösterreichs folgen und all diese Mittel verbieten?

In Österreich gelten "nach § 15 a in der Ländervereinbarung aufgezählten Verbote (Stachelhalsband, elektrisierende oder -chemische Dressurgeräte) trotz der zweijährigen Übergangsfrist bereits 2001 als Tierquälerei, da sie der im Tierschutzgesetz verlangten artgerechten Haltung und Pflege widersprechen".
Der Präsident des österreichischen Deutschen Schäferhund-Vereins, Dr. Wolfgang Tauber, stellt fest, "dass im SVÖ der Einsatz von Elektroreizgeräten verboten ist. Im Falle von nachweisbarem Zuwiderhandeln werden disziplinäre Schritte in die Wege geleitet."

Beispiel Schweizer Tierschutz-Verordnung (TSchV): "Beim Umgang mit Hunden sind übermässige Härte und Strafschüsse sowie die Verwendung von Stachelhalsbändern verboten (Art. 34 Abs. 1 TSchV). Hilfsmittel dürfen nicht derart verwendet werden, dass dem Tier Verletzungen oder erhebliche Schmerzen zugefügt werden oder dass es stark gereizt oder in schwere Angst versetzt wird (Art. 34 Abs. 2 TSchV).

Unter Härte ist ein physisches Einwirken irgendeiner Art auf den Hund zu verstehen, wie Ziehen oder ruckartiges Zucken an der Leine, Packen des Hundes am Fell, Schütteln des Fells, Schlagen, Treten etc. Als Korrekturmassnahmen in direkter Verbindung zu einem Fehlverhalten des Hundes und zur Hemmung desselben sind solche physischen Einwirkungen manchmal erforderlich. Sie müssen jedoch, der Situation und der individuellen Empfindlichkeit des Hundes entsprechend, angemessen eingesetzt werden. Schläge mit einem harten Gegenstand (z. B. Karabinerhaken, Stock, Peitsche oder Kette), zielloses Schlagen oder Treten sind grundsätzlich nicht angemessen.

Als übermässig sind physische Einwirkungen in der Regel dann zu bezeichnen, wenn a. ihr Ausmass nicht im Bezug zur Situation und/oder zur individuellen Empfindlichkeit des Hundes steht, b. sie nicht in direktem Zusammenhang mit dem zu korrigierenden Fehlverhalten stehen, c. sie in Situationen erfolgen, die keiner Korrektur bedürfen.

Tiere sind grundsätzlich unmittelbar nach dem Ausführen eines unerwünschten Verhaltens zu korrigieren. 'Bestrafungen', welche lange nach dem Auftreten des unerwünschten Verhaltens vollzogen werden, sind ebenfalls als 'übermässig' zu qualifizieren, da der Hund den Bezug zu diesem Verhalten nicht herstellen kann. Nicht resp. falsches oder unvollständiges Ausführen eines dem Hund vorgängig angelernten Ver-haltens darf nicht als 'unerwünschtes Verhalten' bezeichnet werden, da es z. B. auf fehlerhafte Zeichengabe des Menschen zurückzuführen ist. Eine Korrektur muss durch erneute fachkundige Ausbildung erfolgen und darf nicht durch 'Bestrafung' vorgenommen werden.

Strafschüsse: Die heute verbotenen, erzieherisch wertlosen Strafschüsse mit Kleinkaliberwaffen oder Schrotschüsse auf grosse Entfernungen wurden früher angewendet, um den Hund für Fehlverhalten zu bestrafen. Mit dem Aufkommen von Geräten, die elektrische und/oder akustische Signale aussenden (Tele-Takt-Geräte), wurde diese Art von Erziehungsmittel immer weniger eingesetzt. Für die Ausbildung der Jagdhunde müssen neue Wege gefunden werden, da Tele-Takt-Geräte ebenfalls verboten sind. 


Stachelhalsbänder: Der Einsatz von Stachelhalsbändern ist verboten, unabhängig davon, ob sie mit spitzen oder stumpfen Gliedern versehen als Bänder mit Stacheln gestaltet sind, da sie beim Hund zu Quetschungen oder Verletzungen führen. Die Begriffe Stachelhalsband, Krallenhalsband und Korallenhalsband werden dabei synonym verwendet. Während das Krallenhalsband die Haut eher klemmt und quetscht und ohne Hautperforationen zu nachhaltigen Schmerzen führen kann, verursachen von Hundebesitzerinnen und -besitzern zugespitze Krallenhalsbänder (Stachelhalsbänder) häufig Hautverletzungen mit akuten Schmerzen, gefolgt von Entzündungssymptomen."


Warum steht das nicht im doch "jüngst" novellierten deutschen Tierschutzgesetz?


Warum gibt in den Ländern, in denen diese Mittel verboten sind, offensichtlich noch Ausnahmen, wenn zum Beispiel ein berüchtigter Schweizer Ausbilder solche Starkzwang-Methoden praktiziert? Oder dachte er seit der Novelle dieses Gesetzes doch um?

Nicht nur in der Schweiz, auch in den USA und anderswo scheint Starkzwang wieder in Mode zu kommen. Warum? Weil die Aggressionen in vielfältigen Formen zunehmen, sie werden also mit anderen Bezeichnungen wieder Eingang finden in die grobmotorische Hundedressur. Der Zusammenhang mit allgemein zunehmender Gewaltbereitschaft ist untrennbar: die Neuauflage einer alte, bislang unwiderlegbaren Konstellation von Massengesellschaft und Existenznot - ob selbst- oder fremdverschuldet, ist in den Auswirkungen auf Gewalt gegen Abhängige (Kinder, Alte, Haustiere) nicht von Belang.

Manche Leute geben vor, diese Neuauflage von schmerzauslösender Züchtigung für das zu dressierende Subjekt zu benötigen, vermögen aber ihre schlichte Unfähigkeit zum Verständnis des anderen Lebewesens nicht zu erkennen. Sie fanden durch verständnislose, daher in den Ausbildungsmitteln und im generell biologischen Verständnis eingeschränkte Methoden keinen Zugang. Beziehungsloserweise wollen sie keinen finden, von kynologischem Unwissen (die wie ein päpstliches Dogma der Unfehlbarkeit von etlichen Vereinen gehütet werden) einer fast ausschliesslichen Fehlverknüpfung abgesehen. Sie brauchen Subjekte, die sie erniedrigen können, und viele Mittel sind dazu recht. Machtdemonstrationen dort, wo sie selbst dem Ausübenden nicht schaden.

Der Demonstrant beweist durch Tortour, was ihm selbst oft anerzogen wurde. Wenn man mal die berufliche und erzieherische Vergangenheit der Züchtiger anschaut, wird man in den Grundlagen dieses Denkens fündig. Es sind nie jene freien und souveränen Geister, die an Schwächeren den Maxen geben müssen. Mit eigenständigen, psychisch starken Hunden oder gar Katzen können sie das nicht anstellen, und wenn, dann nur mit peinlichem Ergebnis, aber mit gehorsamen Hunden - und die suchen sie sich auch meist dazu aus. Die stammen vorzugsweise aus dem Fundus von drei, vier "Rassen". Die Hunde sind dann bald nicht nur Gebrauchshunde, eher verbraucht.

Andere Psycho-Baustelle: Starkzwang ist nicht nur auf sich pseudo-professionell gebärdende Mondioring- oder K9-Abrichter oder Alt-Schutzhundler (nicht jeder Schutzhundler ist ein Starkzwänger) beschränkt.

Da schimpfen die Anti-Schutzhundler auf überholte Methoden bei der Hundeausbildung und machen es keinen Deut besser, nur anders hundeuntauglich. Bei den Agility- und Obedience-Fanatikern (es gibt auch einfach nur -Freunde, die nur Freude an der Beschäftigungsart für ihren Hund haben, aber nicht mit Ehrgeiz geradezu hysterisieren), also bei diesen - nur zum Beispiel - ist es in den USA schon Mode, dass das Sportgerät Hund stundenlang in eine Transportbox (das ist hier der so "negativ verstärkte" Käfig) sperren, damit der Hund beim Training so richtig in Spannung gerät. Die glauben fest an diesen Trainingsterror. Kein prinzipieller Unterschied zu einem Kampfstier, vor Eintritt in die lichtdurchflutete Arena in enger Dunkelhaft in "Spannung" gebracht.

Ausriss aus der Mail einer Rettungshunde-Ausbilderin: "Wir haben eine dreijährige Hündin in unserer Staffel, die sehr unkonzentriert ist, die Besitzerin arbeitet sehr hektisch, mit sehr viel Körpersprache, was den Hund natürlich nervös macht. Er geht ihr ab, wo er kann (Anm.: kluger Hund!) und kommt auch nicht zurück, sucht Fährten (Anm.: noch klüger!) Auf Spaziergängen kann sie die Hündin gar nicht mehr losmachen. Ich kenne diese Dinge ja zur Genüge von mir und meinem Hund, und es wurde erst gut, als wir dann doch noch ein Team wurden und ich den Leistungsdruck hinter mir liess, erst da vertraute mir der Hund und nahm mich als Rudelführer an, davor war ich wohl unglaubwürdig.

Die Hundebesitzerin hat drei Hunde und eine Katze. Damit ihre Hündin auf sie konzentriert wird, versagt sie ihr den Kontakt zu anderen Tieren und sperrt sie, während sie arbeitet, entweder alleine ein oder noch zusätzlich in einen Zimmerkäfig. Für mich hat das nichts mit Individualdistanz, versagen von Orten etc. zu tun: es ist krank. So was kann man doch nicht machen, nur damit der Hund funktioniert und sich über meine Anwesenheit freut, wenn ich ihn befreie!"

Einige so genannte Hundepensionen mit angeschlossener Ausbildung bieten an, "Problemhunde" zu korrigieren. Der Hund wird hingebracht. Das Problem reist wieder ab. Dann wird der Hund getaktet (scheinbar repariert). So ist gewährleistet, dass der Kunde sein Problem wieder bei dieser Werkstatt abliefert.

Kein derartiger Hundeausbilder korrigiert den Verursacher. Er kann es auch nicht, denn dafür fehlen ihm die meisten Voraussetzungen zur Erkenntnis. Mit falschen Schuldzuweisungen und Ausreden ist der wirkliche Verursacher bei der Hand. Das ist auch das einzige, was er schnell erkennt.

Erfolgreiche Ausbilder arbeiten nicht gegen das Tier, sondern mit ihm.
http://www.hundezeitung.de/top2/top-71.html

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